Fünf Uhr morgens aufzustehen ist zeitig? Wenn man in der Wüste wandert, ist das eher zu spät. Das haben ich und Arrow später am eigenen Leib zu spüren bekommen. Doch morgens spürt man die aufkommende Hitze noch nicht, es ist sogar recht kühl und angenehm gewesen.

Doch die Sonne kennt keine Müdigkeit. Als sie ihre ersten Strahlen auf die Bergkuppen fallen ließ, reflektierten diese die Hitze und wärmten alles darunter. Uns wehten unangenehm warme Winde entgegen. Selbst der Schatten bot keine richtige Kühle mehr. Früh um acht kam dann die erste große Hitzewelle angerollt. Schweiß, der mir von den Haaren tropfte und wie glitzernde Perlen vor meinem Gesicht zu Boden fiel. Mein Atem, der schwerer und schwerer wurde. Meine Haut, die vor Hitzeeinwirkung anfing zu brennen. Mein Kopf, der sich nichts sehnlicher als Schatten und kühles Wasser wünschte. Ich spielte mit dem Gedanken, wie es wohl wäre, wenn plötzlich eine Eissonne aufgehen würde. Oder wäre das dann schon wieder zu kalt? 🙂



Und plötzlich finde ich mich in einem Tal innerhalb der Berglandschaft wieder. Wir würden für die nächsten zehn Meilen einem Fluss folgen, der sich hoch in die Berge schlängelt. Es gab mehr Schatten und das ständig verfügbare Wasser machte uns die Sache einfacher.


Durch den Fluss nahm die Vegetation deutlich zu und es gab häufiger schattenspendende Bäume, unter denen ich mich ausruhen konnte. Wir mussten den Fluss heute zigmal überqueren, da blieben die Füße nicht lange trocken.




Der Trail ist in dieser Gegend in einem miserablen Zustand. Es gibt viel zu wenig Schilder und Wegmarkierungen. Wir haben uns selbst mit Guthooks und GPS verlaufen und so fanden wir uns häufig in einem unüberschaubarem Gelände wieder. Nach dem dritten oder vierten Mal, als wir den Trail wieder verloren hatten, wurden ich und Arrow voneinander getrennt. Wir hatten auch keine Möglichkeit über das Handy zu kommunizieren, also blieb uns nur, stille Post mit anderen Wanderern spielen, denen wir unterwegs begegneten. Ich sah ihn heute den ganzen Tag nicht mehr wieder.



Irgendwann hatte ich mich dann so arg verlaufen, dass ich es nicht schaffte, den Trail ohne Weiteres wiederzufinden. Weder oben auf der rechten, noch drüben auf der linken Böschung war er zu finden. Und so konnte ich nur Eines tun: dem Fluss folgen. Ich wusste, dass er mich früher oder später wieder zum PCT bringen würde. Ich stolperte ungefähr eine Dreiviertelstunde durch das steinige Flussbett. Unterwegs huschte unter mir eine Schlange vorbei, was mir so einen großen Schrecken einjagte, dass ich dachte, mein Herz bleibt gleich stehen. Doch dann fand ich den Trail wieder und war mehr als glücklich. Ich würde also weiterleben. Danke dir, Naturgott und danke meinem Glücksbringer 🙂




Ich machte Rast am Wegesrand, weil ich Schmerzen an den Zehen hatte und mal nachschauen wollte. Und was ich dann sah, jagte mir zunächst einen echt großen Schrecken ein. Da ich öfter als ich zählen konnte durch den Fluss gestiefelt bin, sind meine Schuhe samt Socken natürlich komplett durchgeweicht. „They were completely soaked“ – erzählte ich den Anderen. Mein Füße sind durch die Feuchtigkeit von unten aufgequollen. Sah nicht sonderlich schön aus, hat aber auch nicht wehgetan. Also halb so wild. Die Schmerzen an meinen Zehen verursachten höchstwahrscheinlich meine Schuhe, die einfach zu klein geworden sind. Durch das lange Wandern schwellen die Füße an.

Und dann ging es am Abend richtig brutal bergauf. Ich wiederhole: brutal. Okay, sollte angekommen sein 🙂






Ich musste notgedrungen mein Zelt in diesem gruseligen Waldbrandgebiet aufschlagen, da ich einfach zu fertig war, um noch eine weitere Meile bergauf zu gehen. Ich hatte trotzdem Angst, dass die toten Bäume auf mein Zelt krachen könnten, während ich friedlich schlafen würde. Aber da ihr das hier lest, ist es nicht passiert, also alles gut 🙂


Da es hier angeblich mehr Bären geben solle, als irgendwo sonst auf dem PCT (vom Hörensagen), habe ich mein Essen und alles, was irgendwie riechen konnte, in einen Müllsack gestopft und mit einem Seil auf einen Baum hochgezogen. Sicher ist sicher, ich möchte keinen Bären nachts zum Kuscheln, auch wenn es hier oben kalt werden kann 😀
