Tag 33

Da die letzte Nacht sehr kühl wurde, hatte ich am nächsten Morgen ein seltsames Erkältungsgefühl und etwas Husten. Um einer etwaigen Krankheit noch rechtzeitig entgehen zu können, habe ich mir etwas von meinem selbstgemachten Antibiotikum verabreicht. Das sogenannte „Meistertonikum“ basiert auf einem uralten Rezept, aus dem Mittelalter vermutlich. Neben Apfelessig sind Zutaten wie Zwiebeln, Knoblauch, Meerrettich, Kurkuma und Chili enthalten. Eine teuflisch gute Mischung, die mich schon so manches Mal vor einer Erkältung gerettet hat.

Der von Aussichten verwöhnte schmale Gebirgspfad schlängelte sich über die Hügel- und Bergkuppen. Immer wieder wurde er von einer ordentlichen Schicht Schnee überdeckt. Meine superleichten Minimalschuhe, die ausschließlich als Sommerschuhe deklariert sind, haben von oben stets eine ordentliche Menge kühles Nass hereingelassen. Absolut kein schönes Gefühl, wenn man mit eisgekühlten Füßen wandert. Kurz danach haben ich und Nathan uns verlaufen. Wir nahmen eine falsche Abzweigung. Ich schaute nach einer Weile zufällig in die App rein und sah, dass wir uns Off-Trail befanden. Also hieß es wieder: zurück zum PCT.

Nathan ist jemand, mit dem man richtig tiefgehende Gespräche führen kann, wenn man das möchte. So haben wir uns während des Laufens über Themen wie Perspektive, Unendlichkeit, Endlichkeit, Tod, Sterbehilfe, Natur und dergleichen unterhalten. Unsere Sicht auf alle Dinge ist beschränkt. Die Peripherie unseres Sehens reicht weder sehr weit in das Kleine, noch sehr weit in das Weite und Große. Wie kann ein endlicher Verstand je das Unendliche begreifen, sowohl in das Kleinste, wie auch in das Größte? Diesen und ähnlichen Fragen gingen wir auf die Spur und philosophierten etwas vor uns hin.

Irgendwann tauchte so ein Schild auf. Darauf stand, der Trail sei aufgrund einer bedrohten Froschart vorübergehend geschlossen. Also mussten wir einen Umweg einschlagen, welcher eine Meile länger sein würde. Allerdings bin ich im Nachhinein froh, dass wir diesen Weg nahmen. Wir sahen nämlich total interessante und riesige Bäume. Wahnsinnig alt vermutlich. Von ihnen ging eine ganz besondere Anziehungskraft aus, wie mir schien. Nathan versuchte sich auch mal an einem Handstand 🙂

Ich hatte so einen derben Hunger, dass ich die letzten Meilen Anstieg mehr geflogen, als gegangen bin. Unterwegs sah ich einen extrem großen Tannenzapfen, größere habe noch nie gesehen. Er musste so um die drei bis vier Kilogramm wiegen. Am Zeltplatz angekommen dann die böse Überraschung: Mücken. Und zwar viele. Sie fielen in Schwärmen über mich her und gierten nach meinem Blut. Später machten wir ein Lagerfeuer, um die Viecher zu vertreiben. Das funktionierte bedingt.

Ich bin relativ schnell im Zelt verschwunden und war heilfroh, endlich sicher vor diesen Plagegeistern zu sein. Der Tag verlangte recht schnell seinen Schlaf.

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