Heute war der Tag des Aufbruchs. Da die Geschäfte dem Naturgott sei Dank wieder öffneten, konnte ich mir wieder Essen für eine Woche besorgen. An der Kasse wurde ich von einer älteren Dame vor mir darauf angesprochen, ob ich ein PCT Wanderer sei. So entwickelte sich ein Gespräch und sie bot mir am Ende an, dass sie mich zum Trail fahren würde, und zwar ohne, dass ich hätte fragen müssen. Ich war gerührt von Ihrer Güte. Ich traf immer wieder freundliche Menschen auf dem Trail und in den Städten. Später rief ich die Nummer an, die sie mir hinterlassen hatte und hatte sogar Glück, da sie gerade Zeit hatte. Sie und ihre Schwester fuhren mich und Nathan zum Trail. Wir sprachen eine Menge über das kürzlich aufgetretene Erdbeben und die entstandenen Schäden. Angeblich würden noch Erdbeben erwartet, dass sollte ich später noch am eigenen Leib erfahren.


Dann ging es los, von Walker Pass in Richtung Kennedy Meadows, dem Beginn der Sierra Nevada. Ich war schon richtig aufgeregt die Wüste endlich hinter mir zu lassen. Es ging die ersten Meilen stetig aufwärts. Vertrocknete Hügel ragten aus noch trockener Erde.





Der Sonnenuntergang legte sein Licht schmeichelnd über das Vorgebirge. Als es schon dunkler wurde, erreichten wir einen Zeltplatz, an dem wir anhielten, um zu essen. Ich wollte bleiben, Nathan wollte jedoch weiter. Die Anderen kamen etwas später dazu.

Als wir alle zusammen ausgelassen aßen und lachten, bebte plötzlich wieder die Erde. Es folgten zahlreiche Nachbeben. Und dann, als es schon fast zu dunkel zum Sehen war, folgte ein Erdbeben der Stärke 7.1 auf der Richterskala, wie wir nachher herausfanden. Zuerst hörte ich ein tiefes, ächzendes Geräusch. Ein Grummeln und Stöhnen. Dann wackelte die Welt und die Zeit stand still. Ein lautes Knackgeräusch ertönte und Rauch stieg von einem der höheren Gipfel empor. Ein Steinschlag, gefolgt von einem Erdrutsch wurde ausgelöst. Riesige Steine, fast schon Felsen rollten den Hang hinab in Richtung Trail. Glücklicherweise kam der Erdrutsch nicht in unsere Richung. Trotzdem hatten wir richtig Angst bekommen.
Die Nerven lagen blank. Und das war jedem von uns ins Gesicht geschrieben. Wir waren mitten in einem der stärksten Erdbeben seit zwanzig Jahren auf dem PCT, nicht weit vom Epizentrum entfert. Ich war noch nie so froh, am Leben zu sein, wie zu diesem Zeitpunkt. Solche Erfahrungen zeigen einem, wie wertvoll und gleichzeitig wie zerbrechlich das eigene Leben sein kann. Ich schaffte es irgendwie einzuschlafen und wiegte mich in der Illusion, an einem sicheren Ort zu sein, während die Erde unter mir ab und zu zitterte, als hätte sie Schüttelfrost. Ich stellte mir vor, dass ich eine Rückenmassage von der Natur bekäme, eine beruhigende Vorstellung. Nachts kam noch ein starkes Beben. Doch ich wachte davon nicht auf, mein Schlaf hatte mich fest im Griff.