Statt um Fünf ging es erst gegen sechs Uhr aus den Zelten in die frische Morgenluft. Ich aß mein Frühstück wieder im Vorzelt, wo ich mich noch etwas aufwärmen konnte, solang ich noch mein Wasser erwärmte, um mir dann ein warmes grünes Getränk zuzubereiten.
Als wir alle Mann soweit waren aufzubrechen, ging es für uns vom Resort aus über einen sehr steilen Pfad zurück zum PCT. Das strengte schon extrem an, doch als wir dann wieder auf dem eigentlichen Trail waren, ging der Spaß auch noch, begleitet von Mückenschwärmen, weiter. Ich bin mir nicht mehr ganz sicher, aber ich glaube wir erklommen den Seldon Pass.

Unterwegs liefen wir an sehr schönen und klaren Bergseen vorbei. Leuchtend violette Blumen säumten unseren Weg hinauf. Darüber freuten sich auch die wilden Bienen besonders. Ab und an überquerten wir Flüsse oder Wasseransammlungen auf langen Ästen oder anderem Holz, dass manchmal etwas lose und wackelig dalag.




Die Szenerie, die uns oben erwartete, war spektakulär. Man konnte auf beiden Seiten viele stahlblaue Seen, welche von Bergen gesäumt waren, bewundern. Die Nordseite gefiel mir am besten. Das Bild wurde nur noch durch die Schönwetterwolken abgerundet, die über der Bergkette schwebten (zweites Bild).


Auf dem Pass gönnten wir uns nur eine kurze Pause, da wir einen späten Start hatten und noch einiges an Meilen zu bewältigen hatten. Beim Abstieg musste ich immer wieder anhalten und die Schönheit der mich umgebenden Natur bestaunen. Ein Paradies auf Erden.



Ich und Dave hatten unterdessen lange Gespräche. Dabei ging es zum Beispiel um Minimalismus, ein Thema, was mich kurz vor meiner Abreise in die Staaten sehr stark interessiert hat. In einer gewissen Art und Weise praktiziere ich diese Lebensweise gerade. Das Fernwandern zwingt mich fast schon dazu, dass ich mich auf die allernötigsten Dinge beschränke. Und ich spürte, dass mir das gut tat. Die Einfachheit und Entschleunigung sind Balsam für die Seele.
Wir gelangten an den Bear Creek. Diesen konnten wir etwas abseits des Trails auf einem massiven Baumstamm überqueren. Die unzähligen Mücken verdarben mir sabei den Spaß an der Sache. Ich war nur froh, dass ich ein Mückennetz über dem Kopf trug. Zero hingegen verschluckte ab und zu mal einen Moskito. Wir gelangten an einen Nebenarm des Bear Creek (eher ein Zulauf). Ich glaubte schon, dass ich diesen nicht hätte überqueren können, ohne dabei nass zu werden. Es lag lediglich ein dünner Baum über dem Fluss, der als Brücke dienen könnte. Doch ich befürchtet, dass dieser unter der Last zusammenbrechen würde. Dave hingegen wirkte unbekümmert und machte es mir vor. Dabei schwankte er stark von einer auf die andere Seite, ohne jedoch zu fallen. Während Zero einfach seine Schuhe nass machte, tat ich es Dave gleich. Meine Idee, die Treckingstöcke auf die größtmögliche Länge auszufahren, war mehr als gut. Ich überquerte den Fluss fast schon sicher.

Etwas später kontrollierte uns ein Ranger auf unsere Papiere. Er hatte eine große Karte ausgebreitet und fragte uns nach umgestürzten Bäumen, die den Trail blockierten. Tatsächlich hatten wir am Tag zuvor unter zwei dicken Stämmen kriechen müssen. Diese Informationen gaben wir bereitwillig weiter. Kurz darauf liefen wir an einem Trupp Freiwilliger vorbei. Eine Frau trug eine Säge, die in ihrer Länge schon fast gruselig aussah. Kettensägen waren hier nämlich nicht erlaubt.


Zum Schluss kam noch ein Anstieg auf uns zu, der es schaffte, uns das letzte Bisschen Motivation für heute zu rauben. Doch es fühlte sich umso besser an, als wir endlich oben ankamen. Zero lieh Dave sein Telefon, damit er ein paar Anrufe machen konnte. Wir hatten seit Langem wieder etwas Verbindung. Mein Abendessen verlegte ich in mein Zelt, da die Mücken am Abend in Scharen kamen. Gute Nacht, Amerika. Es war ein langer Tag.
