Tag 87

Zero und ich wollten eine neue Gewohnheit etablieren. Sobald das Sonnenlicht zum Wandern ausreicht, sollte es losgehen. Im Klartext: jeden Morgen fünf Uhr aufstehen und sechs Uhr loswandern. Damit könnte man bestimmt das Meiste aus einem Tag herausholen, so dachten wir.

Also ging es für uns fünf Uhr morgens raus aus den Federn. Wir brauchten dennoch etwa eineinhalb Stunden, bis wir startklar waren. Als wir uns auf den Weg machten, bemerkte ich, dass wir immer noch in der Zivilisation waren. Das kam wohl daher, da wir nur ein paar Meilen von dem Resort „Echo Lake“ entfernt waren. Dieses war, wer hätte es gedacht, am gleichnamigen See gelegen. Als wir am Gewässer eintrafen, alles hatte noch geschlossen, liefen wir einfach stur weiter, ohne uns großartig umzusehen. Viel Spektakuläres gab es da sowieso nicht. Der See war dennoch schön, und größer als ich dachte. Allerdings nichts im Vergleich zum Lake Tahoe.

Nach einer guten Meile führte uns der Trail weg vom See. Dafür mussten wir die Berge überqueren, die das gesamte Gewässer schützend umschlossen. Es wurde sehr steinig. Ich hatte ein wenig Schwierigkeiten mit meinen Barfußschuhen, da sich jeder Stein unter meinen Sohlen deutlich bemerkbar machte. Und es ging Meile für Meile aufwärts. Da der Weg lange Zeit steinig blieb, reduzierte sich unser Tempo. Ich hoffte, dass das bald vorbei sein würde.

Das erste Highlight des Tages war der Lake Aloha. Ein wunderschöner und vor allem großer See mit sehr klarem Wasser. Es waren viele steinerne Mini-Inseln zu sehen, die geradeso darüber ragten.

Wir stoppten bald darauf an einem kleinen Zufluss, um uns frisches Wasser zu holen. Zwei Meilen später merkte Zero, dass er seinen Filter vermutlich liegengelassen hatte. Also musste er umdrehen und das Ding holen. Wir machten uns dennoch einen Schlafplatz in elf Meilen aus, wo wir uns treffen wollten.

Also trennten sich unsere Wege und es ging für mich allein weiter. Der Dick’s Pass wartete auf meine Ankunft. Dreieinhalb Meilen aufwärts. Ich wollte mir das Mittagessen gönnen, sobald ich dort oben stand. Doch die Wanderung dahin war leichter und weniger steil, als es das Höhenprofil vermuten ließ. Oben angekommen erwartete mich wieder eine schöne Aussicht mit Blick auf unzählige Pässe und Bergkuppen. Das Mittagessen fühlte sich wahnsinnig gut an, denn ich hatte einen Mordshunger.

Bevor ich wieder aufbrach, schloss ich noch für zehn Minuten die Augen. Ich meditierte etwas in der mich umgebenden Stille. Die Wiesen hier oben waren gepflastert mit Blüten. Hunderte Schmetterlinge flogen durch die Luft. Vermutlich eine Art von Monarchfalter. Diese Tiere legen jährlich geschlossen in riesigen Verbänden tausende Kilometer zurück.

Als ich immer näher zum Camp kam, passierte mir etwas Dummes. Ich wollte wieder einen dieser Bäche trocken überqueren. Ein Stein war allerdings so locker, dass ich mein Gleichgewicht verlor und es mich volle Kanone auf den Boden warf. Neben einer oberflächlichen Schramme am Unterarm war jedoch nichts weiter passiert. Der Bildschirm meines Handys jedoch war echt heftig gesplittert. Das Gerät funktionierte zumindest noch.

Als ich den angestrebten Platz endlich erreichte, begrüßten mich Mücken ohne Ende. Ich fragte mich, ob es Zero heute schaffen würde. Ich hoffte es zumindest.

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