Tag 90

Wir starteten heute erst gegen acht Uhr. Zu Beginn unserer Wanderung ging es durch stark bewaldetes Gebiet. Hier und dort erhob sich ein Monolith aus dem Grün des Waldes. Irgendwie gefiel mir diese Kombination, es gab ein interessantes Bild ab. Heute machten wir viele Pausen und kamen daher eher langsamer voran als üblich.

Der nächste Halt war eine Autobahnraststätte. Und schon wieder hatte ich dieses seltsame Gefühl in der Brust. Der Lärm der Autos, der Müll, die Pendler. Diese Welt war eine Andere. Geprägt von Hektik und Rastlosigkeit, keine Zeit um sich des gegenwärtigen Moments bewusst zu werden. Anstatt im Jetzt zu sein, neigen wir eher dazu im Zukünftigen oder Vergangenen zu leben. Ich war da keine Ausnahme. Doch dieses Abenteuer lehrte mich so Vieles über mich und meine Umwelt. Ich lernte vor Allem das Jetzt wirklich zu spüren und wahrzunehmen. Meine Zeit verging anders als früher. Langsamer.

Ich weiß auch nicht.

Da war dieses Haus. Sie nennen es „Peter Grubb Hut“. Erbaut wurde es von Freunden und Familie Ende der 1930er Jahre zum Andenken an einen Jungen, der mit 18 auf einer Europa Fahrradtour ums Leben kam. Ich trug mich in das Gästebuch ein, sprach mit ein paar Eintagsfliegen Tageswanderern und machte mich mit Zero wieder auf die Socken.

Im Laufe des Tages hielt die Hitze Einzug. Märchenhafte grüne Wälder dominierten die Landschaft. Es gab hier eine Menge wilder Tiere. Ich hoffte keinem Puma zu begegnen. Erzählungen zufolge stalken diese Riesenkatzen ihre Opfer manchmal stunden- bis tagelang. Das einem aus dem Dickicht nachgestellt wird, würde man entweder erst gar nicht oder zu spät bemerken. Eine absolute Horrorvorstellung.

Abends stellten wir unsere Zelte an einem schönen Platz im Wald auf. Alles war wie immer. Wir machten Abendessen, aßen, redeten und gingen irgendwann in die Zelte um zu schlafen. Nachts wurde ich erneut aus meinem Schlaf gerissen. Ich hörte eine Art Schnaufen und mir war schon wieder etwas flau im Magen. Ich weckte Zero, der bereits schnarchte und nichts mitbekam. Zusammen beratschlagten wir uns, was zu tun sei. Ich war der Meinung, dass es ein Bär sein müsste. Rufen brachte nichts, also gingen wir raus in die Dunkelheit um nachzusehen. Leuchtende Augen starrten mir im Schein der Taschenlampe entgegen. ‚Bär‘, dachte ich. Und dazu ein ziemlich lästiger. Wir machten richtig Krach, warfen Steine und Äste, brüllten dem Tier entgegen. Er umkreiste uns eine Weile, bevor er sich entschied woanders auf Futtersuche zu gehen.

Erleichtert und noch voller Adrenalin gingen wir zurück zu den Zelten. Jetzt war es still und bald darauf döste ich ein.

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