Als ich erwachte, hegte ich die Hoffnung, dass ich das Zelt von Zero draußen stehen sehen würde. Doch das erwies sich als Wunschdenken. Der Kerl hatte mir doch versprochen aufzuholen. Vermutlich hat er seinen „kurzen“ Schlaf gestern um ein paar Stunden verlängert und ist im Resort über Nacht geblieben. Oder vielleicht hatte ihn auch ein Bär gefr… Naja, er würde schon auftauchen, dachte ich mir.

So startete ich also allein. Nach den ersten paar Meilen verließ ich tatsächlich einmal den Wald und wurde prompt mit tollen Ausblicken belohnt. Ich fand die fast schon nackten Berge mit ihren schroffen Kanten sehr beeindruckend. Die Vegetation wechselte zu überwiegend kniehohen Büschen. Viele davon ragten halb auf den Trail hinaus, was das Vorankommen eindeutig erschwerte. Die Zweige kratzten unangenehm gegen meine Beine und hinterließen weiße Striche. Manchmal verschwand der Weg unter einigen Büschen komplett. Plötzlich, als ich gerade um eine Ecke kam, stand ein recht großer Hirsch auf dem Trail und starrte mich an. Kurz darauf lief er davon, doch ich sah ihn nochmal etwas später oberhalb in den Büschen grasen.

Tiefer und tiefer ging es hinab in die Schlucht. Zum Glück lag dieser Abschnitt im Schatten. Doch es gab einen Nachteil: Fliegen. Diese kleinen lästigen Biester versuchten ständig in mein Gesicht zu fliegen und, wie ich vermutete, meine Augenflüssigkeit zu trinken. Doch ich ließ ihnen keine Chance dazu. Endlich kam ich unten an und überquerte direkt ein paar Gleise. Der nächste Halt war Belden.



Dieser kleine Resort war höllisch überteuert, doch ich wollte unbedingt Spaghetti auf dem Trail essen, das hatte ich mir bereits seit einer Woche vorgenommen. Dazu kaufte ich mir ein bisschen Tomatensauce und eine Flasche Orangensaft. So ausgerüstet ging ich weiter, ohne mich viel länger hier aufzuhalten. Die Atmosphäre war etwas seltsam. Das Weiterkommen gestaltete sich als ein Bisschen komplizierter als gedacht. Zunächst musste ich eine Brücke überqueren. Auf der anderen Seite wurde gebaut, und zwar genau in der Richtung, in die ich musste, um zurück auf den Trail zu kommen. Eine Frau veranlasste, dass die „Verkehrsmänner“ (sie hatten Stoppschilder in der Hand) alles dicht machten, damit ich die Straße entlang zurück zum PCT gehen konnte. Sehr nett, danke! 🙂


Ich hielt am sogenannten „Indian Creek“ und machte eine wohlverdiente Mittagspause. Ich wusch meine getragenen Socken im Fluss aus, da war unglaublich viel Erde und Staub drin. Das kann man sich nicht vorstellen… ich gönnte mir fünf Minuten, um meine Augen zu schließen. Vor mir lag ein verdammt langer Marsch aufwärts zurück in die Berge.

Das erste Stück war die reinste Folter. Trotz der zunehmenden, schlierenhaften Bewölkung war es so warm und trocken, dass ich schon befürchtete zusammenzuklappen. Ich hielt an einem Bach und goss mir kühles Wasser über Kopf und Haare. Das fühlte sich wahnsinnig gut an. Als das kühle Nass meine Kehle hinunter rann, kühlte sich auch mein Körper langsam etwas herunter. Das Shirt klebte mir noch am Leib, als hätte ich gerade mit Sachen geduscht. Soviel dazu.

Bevor ich meinen Platz endlich erreichte, überquerte ich noch eine Menge weiterer Bäche und Flüsse. Bei einem wäre ich beinah auf ein paar Steinen ausgerutscht, doch ich konnte mich gerade noch so über Wasser halten. Abends gab es dann Spaghetti mit Tomatensauce. Das klappte wunderbar und schmeckte auch ganz gut. Das nächste Mal würde ich noch ein paar Zutaten mehr addieren.
